Intraday-Handel: Stromhandel bis 5 Minuten vor Lieferung

Der Intraday-Handel bezeichnet den kontinuierlichen Kauf und Verkauf von Strom, der noch am gleichen Tag geliefert wird. Dieser kurzfristige Stromgroßhandel findet sowohl an Spotmärkten wie der EPEX Spot als auch im OTC-Handel über außerbörslich ausgehandelte Verträge zwischen Stromkäufern und -verkäufern statt. Im Gegensatz zum Stromhandel mit längeren Vorlaufzeiten am Terminmarkt ermöglicht der Intraday-Markt den Handel bis zu 5 Minuten vor Lieferbeginn.

Technische Abwicklung des Intraday-Handels

Im kontinuierlichen Stromhandel werden in der Regel Stromlieferungen in sowohl 15-Minuten- als auch Stunden-Blöcken gehandelt, wobei auch der Handel von größeren Blöcken möglich ist. Standardisierte Blockgebote sind der Baseload für die Stunden 1 bis 24 sowie der Peakload für die Stunden 8 bis 20 an jedem Wochentag von Montag bis Freitag.

 

Handelsprodukte: 15-Minuten und Stunden-Blöcke

Die Möglichkeit des viertelstundengenauen Handels – eingeführt im Dezember 2011 – ist das bedeutendste Kennzeichen des Intraday-Handels. Eine Position kann bis zu 5 Minuten vor Lieferbeginn gehandelt werden. Ein Beispiel: Möchte ein Teilnehmer für die Viertelstunde von 16:00-16:15 Uhr 20 MWh Strom kaufen und findet einen Verkäufer, der bereit ist, die geforderte Menge zu verkaufen, muss der Zuschlag bis 15:55 erfolgt sein.

Seit Juli 2018 können an der EPEX Spot auch Viertelstunden in Blöcken gehandelt werden. Nach eigenen Aussagen der EPEX Spot begrüßen die Marktteilnehmer die Einführung der Blockbestellungen, da sich so auch Chancen für Arbitrage zwischen Intraday-Markt und Day-Ahead-Auktion ergeben.

Vorlaufzeiten und Gate Closure Times

Die Vorlaufzeiten im Intraday-Handel wurden in den letzten Jahren stetig verkürzt. Für den Handel innerhalb Deutschlands wurden sie am 16. Juli 2015 von 45 Minuten vor der Lieferviertelstunde auf 30 Minuten reduziert, mittlerweile beträgt die Vorlaufzeit in Deutschland lediglich fünf Minuten. Für den Handel in Österreich verkürzten sie sich von 75 Minuten auf 30 Minuten vor Lieferbeginn.

Als Grund hierfür nannte die EPEX Spot die wachsende Einspeisung fluktuierender Energieträger, welche langfristige Einspeiseprognosen erschwert. Die Stromhändler sollten darum die Möglichkeit bekommen, ihre Strommengen kurzfristiger zu handeln und damit ihr Portfolio-Management zu vereinfachen.

Handelsparameter Spezifikation
Handelseröffnung 15:00 Uhr am Vortag
Gate Closure 5 Minuten vor Lieferung
Mindesthandelsvolumen 0,1 MWh
Preisspanne -9.999 bis +9.999 EUR/MWh

Pay-as-bid Preisbildung im kontinuierlichen Handel

Ein wesentlicher Unterschied zum Day-Ahead-Handel liegt in der Preisbildung auf dem Intraday-Markt: Während der Day-Ahead-Handel immer auf dem Prinzip des markträumenden Preises beruht, bei dem das letzte bezuschlagte Gebot den Preis für alle Transaktionen bestimmt („Merit-Order-Prinzip“), werden die Preise im kontinuierlichen Intraday-Handel im „Pay-as-bid“-Verfahren ermittelt.

Dabei wird im kontinuierlichen Handel immer exakt der Preis erhoben, der bei der jeweiligen Transaktion bezuschlagt wurde. Daher spricht man im Intraday-Handel auch von Gebotspreisen. Dies hat zur Folge, dass im kontinuierlichen Intraday-Handel keine Einheitspreise für die jeweiligen Produkte entstehen, es vielmehr je nach Handelszeitpunkt zu verschiedenen Preisen für das gleiche Produkt kommt. Lediglich bei den Intraday-Auktionen gilt nicht das Pay-as-bid-Verfahren, sondern ebenfalls der markträumende Preis.

Handelsprozess und Zeitstrukturen

Der Intraday-Handel eröffnet um 15 Uhr des Vortags. Zu diesem Zeitpunkt startet der kontinuierliche Handel von Stundenprodukten sowie seit dem 9. Dezember 2014 die Eröffnungsauktion der Viertelstundenprodukte. Diese können anschließend ab 16 Uhr kontinuierlich für den Folgetag gehandelt werden.

 

Kontinuierlicher Handel vs. Auktionen

Die kleinste handelbare Einheit im Intraday-Handel ist wie im Day-Ahead-Handel 0,1 MWh. Die mögliche Preisspanne für eine Megawattstunde beträgt -9.999 Euro bis 9.999 Euro. Ebenso wie der Day-Ahead-Handel findet der Intraday-Handel anonymisiert und an jedem Tag im Jahr statt. Strom aus konventionellen sowie aus erneuerbaren Energieträgern wird gleichberechtigt und ohne Nachweis der jeweiligen Stromherkunft gehandelt.

Der kontinuierliche Intraday-Markt ermöglicht es Marktteilnehmern, flexibel auf kurzfristige Änderungen zu reagieren. Im Unterschied zu den standardisierten Auktionszeiten können Positionen jederzeit während der Handelszeiten eingegangen oder geschlossen werden.

Bedeutung für das Strommarktsystem

Der Intraday-Handel dient primär dazu, Fehlmengen oder Überschüsse des eigenen Bilanzkreises durch kurzfristige, untertägige Handelsaktivitäten so gering wie möglich zu halten, um den Prognoseverpflichtungen des Bilanzkreisvertrages nachzukommen und etwaige Ausgleichsenergiekosten zu reduzieren.

 

Bilanzkreismanagement und Prognoseabweichungen

Mit Hinblick auf immer flexibler werdende Anlagen lässt sich der kurzfristige Handel aber auch dafür nutzen, um den Strom von Anlagen kurzfristig bedarfsgerecht – und somit möglichst gewinnbringend und systemstabilisierend – zu produzieren. So kann beispielsweise ein Kraftwerksbetreiber, in dessen Kraftwerk kurzfristig ein Block ausfällt, bei anderen Marktpartnern den seinem Bilanzkreis nun fehlenden Strom einkaufen.

Der Intraday-Markt ist insbesondere von Bedeutung, um unvorhersehbare Änderungen in Stromproduktion und -nachfrage über marktliche Mechanismen aufzufangen, bevor der Einsatz von Regelenergie notwendig wird.

 

Integration erneuerbarer Energien

Dem Intraday-Handel kommt auch in der Direktvermarktung von Erneuerbaren Energien eine Schlüsselrolle zu, etwa wenn kurzfristig angepasste Wetterprognosen ein ungeplantes Mehr oder Weniger an Stromproduktion aus Solar- oder Windkraftanlagen verheißen. In den letzten Jahren lässt sich eine Verschiebung der Flexibilitätsbereitstellung von den Regelenergiemärkten hin zum Intraday-Markt feststellen.

Mehr zum Thema Regelenergie finden Sie in diesem Beitrag.

Marktentwicklung und Volumina

Seit 2010 wurde der Börsenmarkt sukzessive so erweitert, dass nicht nur innerhalb einzelner Staaten gehandelt werden kann, sondern auch zwischen Deutschland, Österreich, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich. Das größte Volumen an der EPEX Spot wird nach wie vor im Marktgebiet Deutschland, Österreich und Luxemburg gehandelt.

 

Wachstum des Handelsvolumens seit 2010

Das untertägige Handelsvolumen an der EPEX Spot nimmt stetig zu. Die Zunahme der Volumen an den Kurzfristmärkten in den letzten Jahren wird mit einer Zunahme der Erneuerbaren erklärt, deren flukturierende Einspeisung einen Stromhandel begünstigt, der der Echtzeit so nah wie möglich kommt.

Jahr Handelsvolumen (TWh) Wachstum (%)
2010 24 -
2011 32 +33%
2012 33 +3%
2013 38 +15%
2014 47 +24%
2015 59 +26%
2016 62 +5%
2017 71 +15%
2018 82,5 +16%
2019 91,6 +11%
2020 111 +21%
2021 123 +11%

EPEX Spot Gesamtmarkt vs. Intraday-Segment (2022-2024)

Jahr Gesamtvolumen EPEX (TWh) Day-Ahead (TWh) Intraday (TWh) Intraday-Anteil (%)
2022 611,2 476,6 134,6 22,0%
2023 717,8 542,1 175,7 24,5%
2024 868,0 654,0 215,0 24,8%
Wachstum 2022-2024 +42,0% +37,2% +59,7% +2,8pp

Datengrundlage: EPEX SPOT Jahreshandelsergebnisse und Pressemeldungen der EEX

Europäische Marktintegration durch XBID

Mit dem 12. Juni 2018 wurde in der EU der grenzüberschreitende Intraday-Handel zwischen den Ländern Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Lettland, Litauen, Norwegen, den Niederlanden, Österreich, Portugal, Schweden und Spanien eingeführt.

 

Technische Infrastruktur und Standards

Unter dem Kürzel XBID ermöglichen harmonisierte Handelssysteme, Gebote der Marktteilnehmer aus den Teilnehmerländern zu koordinieren und grenzüberschreitend untertägig zu handeln – dies setzt allerdings eine ausreichende Verfügbarkeit grenzüberschreitender Übertragungskapazität voraus.

XBID ist im Kern ein gemeinsames IT-System, welches aus einem Standard-Order-Book (SOB), einem Capacity Management Module (CMM) und einem Shipping Module (SM) besteht. Die Standards sind für alle Teilnehmer bindend.

Teilnehmerländer und Kapazitätsmanagement

Gemäß den Zielvorgaben der EU soll das Projekt den integrierten Intraday-Markt ermöglichen und effizienter und reaktionsschneller machen: Marktteilnehmer bekommen mit XBID die Möglichkeit, ihre Bilanzkreise schneller europaweit glattzustellen, was sinkende Ausgleichsenergiekosten ermöglichen soll. XBID-Partner sind die Strombörsen EPEX SPOT, GME, Nord Pool und OMIE sowie die Übertragungsnetzbetreiber der Teilnehmerländer.

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Die Zukunft des kurzfristigen Stromhandels

Der Intraday-Handel hat sich in den vergangenen Jahren zum unverzichtbaren Instrument für das Management kurzfristiger Strommengen entwickelt. Die kontinuierliche Verkürzung der Vorlaufzeiten auf nur noch 5 Minuten vor Lieferung zeigt die technologische Leistungsfähigkeit der EPEX Spot und die wachsenden Anforderungen an Flexibilität im Stromsystem.

Mit einem Wachstum des Handelsvolumens von 24 TWh im Jahr 2010 auf 123 TWh im Jahr 2021 spiegelt der Intraday-Markt die fundamentalen Veränderungen der Energiewirtschaft wider. Die zunehmende Integration erneuerbarer Energien verstärkt den Bedarf an kurzfristigen Handelsmöglichkeiten, da Prognoseabweichungen bei Wind- und Solarenergie marktlich ausgeglichen werden müssen.

Die europäische Integration durch XBID markiert einen wichtigen Meilenstein für die grenzüberschreitende Optimierung von Stromflüssen. Marktteilnehmer können ihre Bilanzkreise europaweit ausgleichen und dabei von unterschiedlichen Preisniveaus und Verfügbarkeiten profitieren. Diese Entwicklung unterstützt sowohl die Kosteneffizienz als auch die Versorgungssicherheit im europäischen Strommarkt.

Der kontinuierliche Intraday-Handel wird auch künftig eine zentrale Rolle bei der Flexibilisierung des Energiesystems spielen. Als Bindeglied zwischen langfristiger Planung am Day-Ahead-Markt und kurzfristiger Systemstabilisierung durch Regelenergie ermöglicht er eine marktbasierte Optimierung, die sowohl wirtschaftlich effizient als auch systemdienlich ist.

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